1967 MAGNA VOCE AD TE DOMINUM CLAMO

(Psalm 142) FÜR MEZZO-SOPRAN UND GROSSES ORCHESTER. COMM.TONHALLE ZÜRICH.

CREATION MAY 1967 ZÜRICH, DIR.BRUNO MADERNA, ERICA WIEN MEZZO.
ED.ASTORIA BERLIN 1967

(Fritz Muggler: NZZ zur Uraufführung am 9.Mai 1967
Schweiz.Musikzeitung Juli/Aug.1967)

Der Komponist (...) schuf dieses Werk, das in den Jahren 1965-67
entstanden ist, auf drei Gedichte des nun vor kurzem (am 23.Mai)
im Alter von 65 Jahren verstorbenen amerikanischen Negerdichters
Langston Hughes, die in unheimlich hoffnunglosen Bildern und
Visionen die Lebenssituation der amerikanischen Neger in knappen
essentiellen Versen von Traklscher Eindringlichkeit einzufangen
wissen. Sie werden mit düster expressiven Orchesterfarben ausge-
deutet, wobei der interessante Versuch durchgeführt wird, das
Orchester gleichsam ebenfals sprechen zu lassen, nämlich den
lateinischen Text des 141.Psalms (nach der Vulgata), der ein
Gebet um Schutz vor Verfolgung darstellt, und zwar in dem Sinn,
dass aus dem ersten Teil dieses Psalmtexts die Vokale durch die
entsprechenden Klangformanten des Orchesters nachgebildet werden,
aus dem zweiten geräuschhafte Konsonanten und aus dem dritten
Teil vorab die explosiven Konsonanten. Die von einem konstruktiv
seriellen Entwurf ausgehende Komposition wird also vom erfahrenen
Elektroniker, der sich mit Sprachforschung intensiv beschäftigt,
im eigentlichen Sinn des Wortes zum Sprechen gebracht, wobei die
gleichzeitig gesungenen englischen Texte als Kommentar in der Art
des mittelalterlichen Motetus gedacht sind, und es ergibt sich
dabei im Effekt eine Expressivität des Orchestersatzes, die
nichts Aufgesetztes an sich hat, sondern von innen heraus, aus
einer komplexen und differenzierten Arbeit mit dem Klangmaterial
geschaffen wird. Nicht etwa Durchsichtigkeit, sondern massige
Schwere und verwischende Instrumentation, den dunkel verhangenen
Texten entsprechend, bestimmen den Eindruck, wobei zu bewundern
ist, wie es dem Komponisten gelingt, die meist in wenig klangvol-
len tiefen Lagen benutzte Mezzosopranstimme, die ursprünglich dem
charakteristischen Farbklang einer Negersängerin zugedacht war,
klar und auch im Text verständlich durchkommen zu lassen. Die
Sangerin Erica Wien und das Zürcher Tonhalle-Orchester unter der
Leitung von Bruno Maderna durften zusammen mit dem Komponisten
begeisterten Applaus in Empfang nehmen. Zm

Psalm 142 Hilferuf in schwerer Bedrängnis
(Eine Unterweisung Davids, als er in der Höhle war, ein Gebet.)

I. Ich schreie zum HERRN mit meiner Stimme,
ich flehe zum HERRN mit meiner Stimme.
Ich schütte meine Klage vor ihm aus
und zeige an vor ihm meine Not.
Wenn mein Geist in Žngsten ist,
so nimmst du duch meiner an.

II. Sie legen mir Schlingen
auf dem Wege, den ich gehe.
Schau zur Rechten und sieh:
da will niemand mich kennen.
Ich kann nicht entfliehen,
niemand nimmt sich meiner an.

III. HERR, zu dir schreie ich und sage:
Du bist meine Zuversicht,
mein Teil im Lande der Lebendigen.
Höre auf meine Klage,
denn ich werde sehr geplagt.
Errette mich von meinen Verfolgern,
denn sie sind mir zu mächtig.
Führe mich aus dem Kerker,
dass ich preise deinen Namen.
Die Gerechten werden sich zu mir sammeln,
wenn du mir wohltust.

Motettus (Langston Hughes):

I. (Lynching tree)
I'am afraid of this tree
in the dark against the sky.
I want to cray.

II. (Opression)
Now dreams are not available to the dreamers
nor songs to the singers.
In some lands dark night and cold steel prevail,
but the dream will come back
and the song break his jail.

III. (End)
There are no clocks on the wall,
and no time,
no shadows that move from dawn
to dusk across the floor.
There is neither light nor dark
outside the door.
There is no door!

Vgl. auch:
Interview \intview.fra\entsolit.68