1964 ECLIPSES

MUSIQUE ELECTRONIQUE POUR QUATRE COLONNES SONORES.

COMM. RADIO GENEVE. CRS RADIO SUISSE ROMANDE.
TRANSMISSION BY RADIO SUISSE ROMANDE 1964
TRANSMISSION BY RADIO BEROMUNSTER 1964
CREATION EN SALLE KUNSTHAUS LUCERNE 1965
GEERTEKERK UTRECHT 14-10-1968
RECORDED BY SWISS TELEVISION GENEVA 1972
LUCERNE FESTIVAL 17-08-1973

An thorough analysis of ECLIPSES is to be found in the book W.Kaegi: Was ist elektronische Musik, Zurich 1967,p200ff.

(Programma notitie 14-10-1968 Utrecht Geertekerk)

ECLIPSES betekent verduisteringen. Vier klinkende grondmateria- lien, samengesteld uit de synthese van sinustonen en roterend in vijf concentrische kringsystemen, overlappen en "verduisteren" elkaar afwisselend. Omvang, struktuur en omloopstijd van de systemen staan in de harmonische verhouding 3:5:7:9:11 tot elkaar, die ook de verhoudinmgen van de frekwenties, waaruit het klankmateriaal van de kompositie werd samengesteld, kenmerkt. Bij de streng gedetermineerde organisatie voegen zich toevallig verkregen vormen: statistische zwevingen, door terugkoppeling gevormde klankstrukturen en kringlopen, die van uitvoering tot uitvoering kunnen wisselen. Want Eclipses is een werk, dat, hoewel op geluidsband vastgelegd, in steeds nieuwe verschijnings- vormen kan worden uitgevoerd. De huidige versi werd in februari 1964 door de componist uitgewerkt. Een totale zonsverduistering, die grote indruk heeft gemaakt op de componist, heeft de visie op het werk mogelijk beslissend beinvloed.

(Programm-Notiz 1971)

In der Reihe meiner Kompositionen nimmt ECLIPSES eine Schlüssel- stellung ein. Das Werk bricht bereits in seiner Grundkonzeption mit der Tradition des brgerlichen Konzertsaals. An die Stelle strikter Scheidung in aktiven Aufführungsapparat (Solist, Orche- ster etc.)einerseits und passiv-immobilisierte Hörerschaft ander- seits nach dem "Guckkastenprinzip" tritt jetzt eine vierkanalig von Tonband ausgestrahlte Musik, die den Hörer kreisformig umflutet, und in deren Verlauf er -sitzend, liegend, stehend, umherschreitend oder Tonbandmaschinen manipulierend- auf vieler- lei Weise eingreifen kann. Verlauf und Dauer des Werkes sind variabel: Minimaldauer = 55', Maximaldauer =ca 14h30'. Innerhalb dieser Grenzen ergibt jeder beliebig gewählte Ausschnitt des anfangs-und endlos konzipierten Werkes einen möglichen Aspekt der ganzen musikalischen Struktur, die ihrer Natur nach als Raum- struktur entworfen ist.

Form wird in meiner Musik ECLIPSES aufgefasst als Raster von M"glichkeiten, gebildet aus der Konfiguration von vier exact kalkulierten klanglichen Grundelementen und deren Projektion auf fünf kreisende Klangsysteme. Absolute Zeitdauer, Konfiguration, Umlaufszeit und -sinn sowie Spektren dieser Systeme basieren alle auf den harmonischen Verh"ltnissen 3:5:7:9:11 und sind also von einer einzigen Grundstruktur bestimmt. Da die fünf kreisenden Systeme sich gegenseitig in wechselweisen, vielfältigen perspek- tivischen Überschneidungen verdecken und "verdunkeln", habe ich dem Werk den Namen ECLIPSES (=Verdunkelungen) gegeben. Die vorgeführte Version des Werkes ist von mir am 29.Februar 1964 in Genf synchronisiert worden. Sie bildet eine von vielen möglichen Erscheinungsformen meiner Musik.

Das Modell von ECLIPSES schien mir so glücklich gewählt, dass ich es auch auf instrumentale Kompositionen angewandt habe (u.a.ROULETTE fur Clarinette solo, LES QUATRE SOLITUDES fr Violoncello solo und MYSTIC PUZZLE I for harpsichord and prepared piano 1964). In meinem Entwurf für die elektronische Musik des Schweizer Pavillons an der Welt-Ausstellung in Osaka 1970 habe ich schliesslich das Modell der kreisenden Strukturen in gross- räumige, dreidimensionale Verhältnisse betragen und sechskana- lig mit 104 Lautsprechern realisiert. (Durchmesser ca 50 meter, Höhe ca 15 meter.) 

Eclipses 1964 als Basismodell und seine Weiterentwicklung:

4 Grundelemente
durch additive Synthese aus Sinustonen gewonnen
mit Spektren im Frequenzverh"ltnis von:
1:1/3:1/5
1:(2):3:5:7
1:1/3:1/5:1/7:1/9:1/11
5 Freq. mit Differenz zw. zwei Nachbarn = 7,5Hz

5 Systeme
deren Zeitstrukturen und Gesamtdauern
im harmon.Verhältnis 3:5:7:9:11 stehen,

wobei die Systeme 7,9,11 die Elemente in georganisierter
Form enthalten in Zyklen von 35,45,55 sec Dauer(Grundsequenzen),

3 und 5 dagegen durch Zufall gebildet sind.

Wiederholungen der Grundsequenzen kommutativ variiert.

Zeitorganisation durch Zuordnung an die Systeme von Tempi, die
zueinander im harmon.Verh"ltnis 3:5:7:9:11 stehen.

"Startpunkte" zuf"llig, da irrelevant weil jedes System cirkulär.

Dauer des Stcks = Dauer von n Zyklen, wobei Zyklusdauer =
Produkt aller Systemdauern.

R"umliche Verteilung auf 4 Lausprecher in entsprechenden
Umlaufszeiten im Kreis wandernd (drehend)

Der ideale Hörer befindet sich im Zentrum der concentrischen
Kreise (ist also quasi System 1).

Premeditiert, lange conceptionszeit (u.rel.lange produk-
tionszeit).

Anwendung von ECLIPSES auf Instrumentale Musik:

ROULETTE pour clarinette seule 1964:

1) Mir selbst auferlegte Spielregeln: Raster wie für Eclipses,
Ausarbeitung durch Selektion aus diesen in sehr hohem Tempo
während 2 Minuten und ohne Erlaubnis, diese Prozedur per
Satz (Wurf) abzubrechen und zu wiederholen. Willkürliche
Arbeitspausen zwischen jedem Wurf, Transkription des Erhal-
tenen in konventionelle Notenschrift.

2) Anwendung des Prinzips der Ecriture automatique ohne dass
ich indessen Kenntnis vom Werk der Breton/Soupault hatte.
Ich habe dies Verfahren erst in mit meinen Studenten im
MIDIM-workshop 1984-86 wieder aufgenommen. Allerdings ist
der 3.Satz des Psalms (Magna voce) auf ähnliche Weise
entstanden: ich habe ihn in einem Lauf (dh.hier Realzeit)
via Mikro auf Tonband skizziert durch "Singen", Klopfen und
was immer mir als Klangpinsel zu Verfgung stand.

MYSTIC PUZZLE I,1964:

Spielregeln:
Reihe. Vervielfaltigt durch simultane Projektion mit Trans-
positionen und Zeitmultiplikation in harmon.Verh"ltnissen.
Daraus entsteht Partitur-Raster. 4 Zyklen formen Raster fr
4 cirkuläre Sätze.

Aufführungsweise:
Premeditierte Conception und Ausarbeitung. Klangmodifikation
des preparierten Pianos nicht aus Raster abgeleitet, sondern
nach Gesichtspunkten guter Klangfusion v.Cembalo u.Piano
gewählt.

Vgl.auch:
Interview \intview.fra\imfluce.73 du 24 ao-t 1973 Kunsthaus
Lucerne au lendemain du concert que j'ai donnée au cadre des IMF.

Interview \intview.ned\weiland.72

\dag64\dag641.int:
31.10.64
Konzeption meiner Komponierweise; von Eclipses abgeleitet:
1a) Das Universum bildet die wohltemperierte 12-Teilung der
Oktave. Ich arbeite mit einer willkürlich gewählten
12ton-Reihe.
1b) Da ich im folgenden jedoch einen Bezugspunkt bilde, entfällt
der diesem entsprechende Ton, was in einer 11ton-Reihe
resultiert.
2) Mit bezug auf den 12.Ton, der als Eizelton den Gesetzen der
Obertöne folgt, bilde ich Systeme. Also etwa 1:3; 1:5; 1:7;
u.dgl.m. Für diese Systeme verwende ich als Füllung immer
die unter 1b) aufgeführte 11ton-Reihe, beachte jedoch den
Bezug von Tonhöhe und Zeitdauer. Die Systeme, einmal etab-
liert, können in welcher Verbindung oder besser Superposi-
tion auch immer verwendet werden, jedoch in sich fort-
laufend.
3) Es ist möglich, für jeden Ton der Reihe jeden Systems die
Obertone zu realisieren. Ich benutze dabei ein Formgesetz,
das dem Totalaufbau entspricht zB:
System 1/3 Formanten 1/7
" 1/5 " 1/5
" 1/7 " 1/3
oder ähnlich je nach innerer Notwendigkeit. Daraus ergibt
sich ein Raster von Möglichkeiten resp. eine Projektion der
ursprünglichen Reihe in ein brauchbares Feld.Form ist damit
Ergebnis der inneren Struktur geworden.
Es ist Sache des schöpferischen Könnens, aus dem Möglichen
nun das wirkliche "heraus zu leuchten": die Gestalt.